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Worauf es im Bewerbungsgespräch wirklich ankommt

Fakt oder Mythos: No-Gos und vermeintliche Tabus im Bewerbungsgespräch

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Bloß nicht zu spät kommen. Nicht schlecht über den alten Arbeitgeber reden und ja keine Nervosität zeigen. Nicht die Arme verschränken und nicht zur Seite schauen. Die Liste an vermeintlichen Tabus für Bewerbungsgespräche ist lang. Wer versucht, alle Tipps zu beherzigen, weiß am Ende gar nicht mehr, was richtig oder falsch ist. Sich unsichtbar machen ist auf jeden Fall keine Option. Experten erklären, worauf es tatsächlich ankommt im Gespräch – und was an oft genannten Tabus wirklich dran ist.

Bin ich noch in der Zeit? Wer sich zum Vorstellungsgespräch verspätet, sollte beim Unternehmen Bescheid geben. Foto: Christin Klose (dpa-tmn)

Körpersprache:

Glaubt man vielen Ratgebern zu Bewerbungsgesprächen, so achten Personalfachkräfte auf Signale der Körpersprache. Nicht die Arme verschränken, nicht auf den Boden schauen – oder hieß es nicht zur Seite? Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Universität Osnabrück, sagt: „Es ist zwar ein Fünkchen Wahrheit dran, dass die Körpersprache die Persönlichkeit widerspiegelt. Aber das als Basis zu nehmen, um Menschen im Einstellungsinterview zu beurteilen, davon kann aus Sicht der Psychologie nur abgeraten werden.“ Dennoch ergab eine Umfrage von Kanning unter gut 200 Unternehmen, dass bei 70 Prozent Körpersprache-Beobachtungen in die Entscheidung einfließen. Die Coaching- und Etikette-Expertin Elisabeth Bonneau rät jedoch dazu, sich nicht bestimmte Gesten an- oder abzutrainieren: „Das wirkt immer künstlich und der Personaler bekommt das Gefühl, der Bewerber verstellt sich.“ Wer seine Körpersprache prüfen möchte, sollte das nicht vor dem Spiegel tun, sondern eine Kamera aufstellen oder Freunde um ein Feedback bitten.

Nervosität:

Kandidaten wird oft nahegelegt, im Gespräch möglichst Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Leichter gesagt als getan – und letztlich nicht unbedingt entscheidend, sagt Kanning: „Vor einem Bewerbungsinterview nervös zu sein, ist nachvollziehbar.“ Entscheidend sei, der Grad der Nervosität in Relation zu der Stelle, auf die man sich bewirbt. „Wenn ein angehender Azubi mit zitternder Stimme und roten Flecken im Gespräch sitzt, ist das gar nicht schlimm“, sagt Kanning. „Jemand, der eine hohe Führungs- oder Sprecherposition bekleiden will, der muss souveräner auftreten.“

Vorbereitung:

Ahnungslos ins Bewerbungsgespräch zu spazieren, ist tatsächlich ein No-Go. 91 Prozent der in Kannings Studie befragten Unternehmen wollen zum Beispiel Gründe für die Bewerbung hören, fast 70 Prozent testen Wissen über das Unternehmen. „Das sollte man vorbereiten“, sagt der Wirtschaftspsychologe. Gleiches gelte für Fragen nach den eigenen Stärken und Schwächen: „Niemand will sehen, dass der Bewerber sich dazu erst im Gespräch tiefschürfende Gedanken macht.“

Loyalität:

Häufig wird thematisiert, warum man den Job wechseln möchte. Wer dabei schlecht über den alten Arbeitgeber spricht, verschafft sich selten einen Vorteil. „Das ist tatsächlich ein Tabu“, sagt Bonneau. Bewerber könnten stattdessen anführen, auf der Suche nach neuen Herausforderungen zu sein. Dass es einem nach drei Jahren im bisherigen Unternehmen einfach reicht, ist dagegen keine gute Antwort. „Dahinter steckt die alltagspsychologische Annahme, dass es sich nicht um einen loyalen Mitarbeiter handelt“, erklärt Kanning.

Aufmerksamkeit:

Vielleicht bekommt man im Verlauf des Bewerbungsgesprächs auch etwas über das Unternehmen erzählt, das man dank guter Vorbereitung schon weiß. Dann gilt es, nicht gelangweilt in sich zusammenzusacken, sondern interessiert zuzuhören. Sein Gegenüber anschauen, lächeln, nicken: Das kommt gut an – und kann laut Kanning entscheidend sein: „Die Eignung ist meist weniger wichtig als das Gefallen. Die Entscheidung hängt davon ab, wie der Interviewer sich mit dem Bewerber fühlt.“                     

Beitrag von Elena Zelle