Es braucht mehr als nur die Liebe zum Holz: Handwerkliches Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen und etwas Interesse an IT. Das sind für Franziska Thorwart die Voraussetzungen, um ihren Beruf zu erlernen. Die Tannhausenerin muss es wissen: Die 23-Jährige ist Zimmer-Meisterin.
„Ich war schon als Kind immer in der Firma meiner Eltern“, erinnert sich Franziska. Diese besitzen einen Holzbau- und Zimmerei-Betrieb. Trotzdem war nicht immer klar, dass Franziska mal in die Fußstapfen ihrer Eltern treten würde.
Auch ein Architektur-Studium kam für sie in Frage. „Aber auch dafür finde ich es sinnvoll, nicht nur aus Büchern zu lernen, sondern vorher etwas Handwerkliches zu machen“, sagt Franziska. Und so fiel die Wahl doch auf Zimmerin. An einer Berufsschule in Stuttgart machte Franziska neben dem Gesellenbrief auch die Fachhochschulreife und das Berufskolleg.

Meisterin
An ihren Gesellen-Abschluss schloss sie direkt die Meisterschule an. „Der Meister ist der Titel unter Zimmerern. Dann kann man ausbilden und hat mehr Möglichkeiten als ein Geselle“, erklärt Franziska. Auf der Walz, also drei Jahre auf Wanderschaft, war sie nicht. „Das ist inzwischen echt selten, ich kenne nur zwei Leute, die das gemacht haben.“ Weibliche Zimmerleute sind immer noch eher die Ausnahme. „In der überbetrieblichen Schule kamen fünf Mädchen auf mehrere hundert Jungs“, erzählt Franziska. Dabei ist es für sie nur ein Vorurteil, dass Zimmerer ein reiner Männerberuf sei. „Das ist vor allem in den Köpfen“, findet die 23-Jährige. „Viele denken, dass sie die schwere körperliche Arbeit nicht stemmen könnten. Dabei ist der Beruf nicht mehr so, wie er vor 30 Jahren war. Klar, er ist immer noch anspruchsvoll, aber heutzutage wird viel mit Technik erledigt.“
Durchsetzen
Als Frau in der Holzverarbeitung brauche es vor allem Durchsetzungsvermögen. „Am schwersten fand ich, zu beweisen, dass ich auch als Mädchen diese Dinge kann“, erzählt Franziska und rät jeder Frau, die Zimmerin werden möchte: „Einfach probieren und vor allem: sich nicht von alten Vorurteilen verängstigen lassen.“ Das Ganze lohne sich, findet Franziska. Denn der Beruf sei abwechslungsreich und faszinierend. „Was vorher Holz war, wird zu einem Dach oder einem Haus und steht viele Jahre.“ Und: Der Beruf bietet viele Weiterbildungsmöglichkeiten. Lehrlinge werden aber händeringend gesucht.
Hintergrund
Zimmerer und Zimmerin sind Berufe in der Holzverarbeitung. Vom Errichten und Reparieren von Dachkonstruktionen, Fachwerk oder Balkonen über das Erstellen von ganzen Bauwerken bis hin zu Wärme- und Schalldämmungen ist das Berufsfeld sehr vielfältig. Die Ausbildung ist dual und dauert drei Jahre. Nach der Lehre gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung. Neben dem Meister sind etwa Polier oder Restaurateur Optionen.
Beitrag von Katrin Draskovits