Fünf Tage Extra-Urlaub im Jahr – wer würde da nicht zugreifen? Die Antwort überrascht: mehrere Millionen Arbeitnehmer in ganz Deutschland. In zwölf von 16 Bundesländern haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub zusätzlich zum vertraglich geregelten Erholungsurlaub. Nur für Arbeitnehmer in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen gilt dieser Rechtsanspruch nicht.
Offizielle Zahlen gibt es keine, doch sind sich alle Experten einig: Viel zu wenig Arbeitnehmer nutzen ihren Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub. Dabei ist das Angebot attraktiv: fünf Tage bezahlte Freistellung pro Jahr für berufliche Weiterbildung. In einigen Bundesländern können auch zehn Tage am Stück innerhalb von zwei Jahren beantragt werden. Das Spektrum reicht von konkreten fachlichen Fortbildungen über politische Seminare und Sprachreisen bis hin zu persönlichkeitsbildenden Kursen. „Wenn es im Betrieb üblich ist, wird Bildungsurlaub meist von allen genommen“, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Aber in den Betrieben, in denen es nicht üblich sei, machen Arbeitnehmer aus Unkenntnis oder aus Angst vor der Reaktion des Arbeitgebers ihr Recht nicht geltend.
Den Chef überzeugen
Carina Paul war in dieser Hinsicht eine Pionierin. Die Rechtsanwaltsfachangestellte kannte keinen Kollegen, der Bildungsurlaub beantragt hatte. „In meinem Bekanntenkreis geisterte die Information über Bildungsurlaub herum, aber alle waren überzeugt: Das kriegen wir eh nicht.“ Kurzerhand informierte Paul sich im Netz über die Regelungen und suchte sich einen interessanten Kurs heraus. Die Chefin war zunächst überrascht – unterstützte Paul dann aber.
Damit ein Arbeitnehmer auch bei einem nicht verständnisvollen Chef zu seinem Recht kommt, beachtet er beim Antrag auf Bildungsurlaub am besten vier Schritte: Als erstes sollte er alle Unterlagen zusammenstellen, die belegen, dass der ausgewählte Kurs ein Bildungsurlaub ist. Hierzu gehörten zum Beispiel das Seminarprogramm sowie ein Ausdruck der Anerkennung des Bildungsträgers durch das Bundesland, zählt Reinold Mittag, Fachanwalt für Arbeitsrecht, auf. Eine Auswahl an Kursen, die in mehreren Bundesländern als Bildungsurlaub anerkannt sind, sowie einen Überblick über die Landesgesetze bietet die Internetseite www.bildungsurlaub.de.
Teilnahme nachweisen
Als nächstes reicht der Arbeitnehmer seinen Antrag auf Bildungsurlaub samt Unterlagen mindestens sechs Wochen vor Beginn schriftlich beim Arbeitgeber ein. Musteranträge gibt es beim Kursanbieter oder den Gewerkschaften. „Im dritten Schritt prüfe ich nach drei Wochen die Reaktion des Arbeitgebers: Zusage, Absage oder Schweigen?“, sagt Arbeitsrechtler Mittag. Ein dreiwöchiges Schweigen gelte in Nordrhein-Westfalen als Zustimmung des Arbeitgebers. Nach der Veranstaltung sollte der Arbeitnehmer dann Schritt vier nicht aus den Augen verlieren: die Teilnahme nachweisen. „Dies sollte so zeitnah wie möglich nach Ende des Bildungsurlaubs geschehen, damit ich auch meinen nächsten Lohn pünktlich gezahlt bekomme“, rät Mittag. Die Kosten für den Kurs trägt der Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber beteiligt sich nur über die Fortzahlung des Lohnes.
Beitrag von Katja Fels, dpa