Facebook? Instagram? Nein, danke. Viele Privatpersonen entscheiden sich bewusst, nicht in sozialen Netzwerken aktiv zu sein. Auch manches Unternehmen scheut den Weg und geht davon aus, dass es damit in sozialen Medien auch nicht präsent ist. Stimmt aber nicht. Handelt es sich etwa um ein Café, hinterlassen Besucher Bewertungen.
Andere machen Fotos von ihrem Essen oder markieren sich an dem Ort. Und schon ist eine inoffizielle Seite entstanden. Für einen Facebook-Nutzer ist nicht immer gleich erkenntlich, ob es sich dabei um eine gepflegte Fanpage oder ein zufällig entstandenes Nebenprodukt von Postings anderer handelt. Was bleibt, ist der Eindruck, den die Seite hinterlässt. Und wenn diese nicht gepflegt ist, vielleicht sogar negative Kommentare darauf zu finden sind, ist das nicht unbedingt ein guter.
„Manches Unternehmen ist der Meinung, dass es in den sozialen Netzwerken nicht präsent sein muss. Nur: Die Entscheidung trifft die Firma letztendlich nicht selbst. Sie kann nur die Entscheidung treffen, ob sie aktiv präsent sein will und die Inhalte selbst bestimmt“, sagt Olga Benner, Dozentin für Social Network Management und Gründerin der Social Media Agentur Genum in Dortmund.
Gerade Betriebe mit viel Kundenkontakt wie Bäckereien, Handwerker, Restaurants oder Krankenhäuser sollten den Einfluss und die Möglichkeiten nicht unterschätzen. Sucht man auf Facebook etwa nach dem Heilbronner SLK Klinikum am Gesundbrunnen, findet man schnell eine Seite. Das Profilbild zeigt den Krankenhauseingang, seitlich steht die Adresse. Auch viele Postings mit Fotos sind in der Chronik aufgeführt.
Mittendrin prangern negative Bewertungen. Der komplette Inhalt stammt von Privatpersonen. Es ist keine offizielle Seite, und doch wird sie von jedem, der nach dem Krankenhaus sucht, genauso vorgefunden. Gefragt nach dem aktuellen und zukünftigen Umgang mit Facebook, gibt es von der Leitung der Unternehmenskommunikation eine knappe Antwort: „Eine Präsenz im Bereich Social Media sehen wir insbesondere als Chance, um junge Fachkräfte anzusprechen. Ein entsprechendes Projekt ist derzeit im Gange.“
Nachrichten streuen
Das Klinikum Dortmund geht seit zwei Jahren einen anderen Weg und ist auf verschiedenen Kanälen aktiv. Denn auch für ein Krankhaus gilt laut Marc Raschke, Leiter der Unternehmenskommunikation: Ohne Facebook und Co. geht es nicht. „Facebook gehört in einem modernen Unternehmen in meinen Augen ganz fest in den bunten Strauß an Kommunikationskanälen, die bedient werden müssen, um Mitarbeiter, Zulieferer oder Kunden zu erreichen“, erklärt er. Rund 4100 Fans hat die Facebook-Seite des Krankenhauses, dazu noch einmal rund 2000 auf der Facebook-Seite der klinikumseigenen Blutspende. Das Krankenhaus nutzt die Präsenz, um Nachrichten zu streuen zu Themen wie Wartezeiten oder Blutspenden. Termine werden veröffentlicht und auch Mitarbeiter vorgestellt.
Der Twitter-Account richtet sich unter anderem an Politik, Verbände und Gremien, der Facebook-Account vor allem an Mitarbeiter und mögliche Bewerber. Youtube-Filme seien hauptsächlich an potenzielle Patienten adressiert, Instagram-Postings an Nachwuchs-Azubis. „Letztlich geht es darum, als Krankenhaus über all diese Kanäle ein positives Grundrauschen zu erzeugen – und das sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Patienten“, sagt Raschke. Aalglatte Gute-Laune-News würden nicht goutiert, anders ist das mit Sachen, die die Menschen berühren. Mit einem Schnappschuss von einem riesigen Kreidebild auf der Straße vor der Klinik – ein großes Herz und der Spruch „Werdet schnell gesund“ – hat das Krankenhaus einen Facebook-Hit gelandet, erreichte über Nacht mehr als 2,4 Millionen Nutzer und über 60 000 „Gefällt mir“. Und was ist mit den gefürchteten Shitstorms? „Das muss man aushalten können, Social Media ist keine Einbahnstraße – und im Endeffekt können wir doch auch froh sein, wenn sich über unseren Facebook-Account jemand an uns wendet oder Dampf ablässt. Dann können wir dort gezielt mit ihm in Kontakt treten“, erklärt der Kommunikationsprofi.
Service für Verbraucher
Auch die Deutsche Bahn ist mit ihrer Social Media Strategie sehr erfolgreich auf Facebook, Twitter, google+ und Co. unterwegs und hat einen eigenen Bereich hierfür aufgebaut. Das Unternehmen nutzt die verschiedenen Präsenzen als Service für die Kunden, informiert über Angebote oder Verspätungen. Und auch wenn immer wieder Kritik über die Kanäle aufkommt, hält es das Unternehmen für ein Muss, in den sozialen Netzwerken präsent und ansprechbar zu sein. Es scheint ganz gut zu gelingen. 2013 wurde das Team beim Deutschen Preis für Onlinekommunikation als Social-Media-Team des Jahres ausgezeichnet.
Wie geht nun ein Unternehmen die Sache mit den sozialen Netzwerken an? Es könnte eine Agentur beauftragen, die das Know-how hat und eine Strategie mit dem richtigen Mix entwickelt. Fehlt das Geld, ist es auch alleine zu schaffen. Wie bei der Bäckerei, die ihre Kunden mit Infos über neue Produkte versorgt oder aus der Backstube postet. „Wer sich Gedanken macht, die Menschen direkt anspricht, ehrlich ist und nicht nur auf möglichst viele „Likes“ aus ist, wird sicherlich den richtigen Weg finden“, erklärt Olga Benner.
Imagepflege
Rund 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland und der Schweiz vermarkten sich laut dem Statistikportal statista in den sozialen Netzwerken. 73 Prozent verfolgen dabei laut einer Umfrage das Ziel, die Kundenbindung zu stärken und die Bekanntheit zu steigern. Aber auch die Verbesserung des Images (71 Prozent) oder ein besserer Zugang zur Zielgruppe (69,8 Prozent) gehören zu den Zielen bei Social Media Aktivitäten.
Beitrag von Nelli Nickel