Der Eingang zur Heilbronner Jugend- und Suchtberatungsstelle ist zwar mitten in der Innenstadt, aber doch so unscheinbar, dass man sich beim Betreten nicht beobachtet fühlt. Im Wartezimmer der Beratungsstelle selbst herrscht eine angenehme, familiäre Atmosphäre, obwohl hier so viele unterschiedliche Menschen ein- und ausgehen.
Menschen begegnen
Das ist Silke Kowols Arbeitsplatz. Die Diplom-Sozialpädagogin ist Suchtberaterin und kümmert sich speziell um die psychosoziale Betreuung von Menschen, die sich in Substitutionsprogrammen befinden und ärztlich behandeln lassen. Sie wirkt herzlich, natürlich und offen. „Authentizität ist wichtig“, sagt sie, „damit die Menschen merken, dass wir ein aufrichtiges Interesse daran haben, ihnen weiterzuhelfen.“
Doch wie wird man Suchtberaterin? Nach dem Abitur macht Kowol ein Freiwilliges Soziales Jahr und merkt schnell, dass sie sich mehr Fachkompetenz aneignen möchte. „Einfach so im sozialen Bereich zu arbeiten geht schlecht, da muss schon Fachwissen her.“ Also absolviert Kowol ein duales Studium in Sozialer Arbeit an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Ein großer Vorteil, meint Silke, sei, dass der Bezug zur Praxis beim dualen Studium sofort vorhanden sei.
Drei Jahre geht die Ausbildung, die Praxisphase macht Kowol in der Heilbronner Aufbaugilde. Im Sozialdienst der Arbeitshilfen führt sie Einzelgespräche über alle möglichen Themen, die die Menschen mitbringen: Schulden, familiäre Probleme, berufliche Wiedereingliederung.
In andere hineinversetzen
Im Studium kommen dann Reflexionsseminare dazu, bei denen sie sich mit dem eigenen Handeln auseinandersetzt und zusammen mit Dozenten und Kommilitonen erörtert, was in bestimmten Situationen zu beachten ist. Rollenspiele helfen in diesen Seminaren, das eigene Wissen und Bewusstsein um persönliche Grenzen zu vertiefen und die eigene Entwicklung zu analysieren. „Jeder Mensch macht im Leben negative Erfahrungen, wichtig ist es, Strategien und Mechanismen zu entwickeln, um adäquat damit umzugehen“, erklärt die Sozialpädagogin.
Nach dem Studium bleibt Kowol zunächst einige Jahre bei der Aufbaugilde, bis sie ihre Stelle bei der Suchtberatung antritt. „Dieser Beruf ist spannend, weil Sucht Menschen aus allen Lebenslagen, Schichten und Altersgruppen betrifft“, sagt Kowol.
So spielen Sprache und Kommunikation eine große Rolle: „Mit einem Jugendlichen rede ich natürlich anders als mit jemandem, der schon älter ist und den ich seit Jahren betreue.“
Verschiedene Lebensumstände
Unterschiedliche Gesprächsführungsmethoden brauche man allein deshalb, weil die Suchtentstehung, Entwicklung und Lebenssituation der Menschen extrem variieren. „Manche haben aufgrund von schwierigen Lebensumständen hohen Betreuungsbedarf und sind selbst bei bürokratischen Angelegenheiten auf unsere Hilfe angewiesen, andere sind sozial und beruflich gut integriert, haben Familie und einen Job und wollen sich im Gespräch weiter mit ihrer Situation auseinandersetzen, damit es ihnen weiterhin gut geht“, berichtet die Sozialpädagogin.
Allen, die sich für eine berufliche Laufbahn im sozialen Bereich interessieren, rät Kowol, einen guten Ausgleich zur Arbeit zu finden und das eigene soziale Netz zu pflegen, um nicht 24 Stunden am Tag an berufliche Dinge zu denken. Zudem sei es absolut wichtig, offen zu sein und keine Berührungsängste zu haben. „Wertschätzung und Akzeptanz sind auch Schlagworte in der Ausbildung, damit man sich richtig auf andere einlassen kann und akzeptieren kann, wie der andere ist.“
Kleine Erfolge
Hierbei sei es essentiell, dem Gegenüber nichts auferlegen zu wollen oder dessen Ziele bestimmen zu wollen. „Es geht darum, die jeweilige Person darin zu unterstützen, ihre eigenen Ziele zu erreichen.“ Oft komme es so zu sehr schönen Erfolgserlebnissen. „Ich habe gelernt, dass man Erfolge auch in kleinen Schritten sehen kann und dass diese kleinen Erfolge für Menschen unglaublich wichtig sind. Es ist sehr schön, daran teilhaben zu können“, sagt die Heilbronnerin. An sich müsse man kein besonderer Schlag Mensch sein, um im sozialen Bereich zu arbeiten. Sie selbst habe sich für diesen beruflichen Weg entschieden, weil man „einen fachlich fundierten Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leisten kann“.