In der Schreinerei Hutz herrscht an diesem Vormittag emsiger Betrieb. Der Sound von Tischfräsen und Schleifmaschinen ergibt mit dem Geruch von Holz und Lack ein wildes Gemisch für die Sinne.

Einzigartige Stücke
Seit rund 95 Jahren entstehen in der verwinkelten Werkstatt in Heilbronn Möbel, individuelle Inneneinrichtungen nach Maß, hauptsächlich aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. „Keines unserer Möbelstücke war bisher gleich wie das andere,“ sagt Schreinermeister Andreas Hutz, dessen Großvater einst die Tischlerei gründete.
Einer seiner zwei Lehrlinge ist Sebastian Veith. Mit seinen 33 Jahren gehört der Heilbronner „zu den älteren Auszubildenden“, wie er selbst sagt. Davor hat er Biologie studiert und fünf Jahre wissenschaftlich als Biologe gearbeitet. Die Tätigkeit wurde ihm auf Dauer „zu theoretisch“. Also hat sich der große Mann mit Schultern wie ein Schrank und ein paar kunstvollen Tätowierungen an den Armen für einen ganz anderen Weg entschieden: den des Schreiners, Tischlers. „Den Unterschied der zwei Begriffe konnte mir noch keiner erklären“, sagt Veith.
Glücklicher Umschwung
Eine Ausbildung komme für Abiturienten anstatt eines Studiums kaum in Frage, beobachten sowohl der Lehrling als auch der Chef. Dabei ist es das, was den studierten Lehrling Veith glücklich macht: Etwas mit den Händen fertigzustellen, „und das mit dem schönen Werkstoff Holz. Es macht großen Spaß, wenn die Kunden damit happy sind“. Der Auszubildende bringt schon Vorerfahrung mit: Ein halbes Jahr hat er ein Praktikum im Betrieb Hutz absolviert, bevor er hier und in der Heilbronner Johann-Jakob-Widmann-Schule vor zwei Jahren mit der Lehre begann. Dank seiner Kenntnisse verkürzte sich seine Ausbildung von drei auf zwei Jahre.
Veith mag an „seiner Schreinerei“, dass sie verschiedenste Sachen herstellt oder Altes aufmöbelt, „generell alles im Bereich Innenausbau, Möbel oder ganze Küchen“. Auftraggeber sind Privat- und Gewerbekunden, etwa Arztpraxen, Hotels, Banken.
Mit den Trendhölzern Eiche und dunklem Nussbaum hat Veith seine eigene Hobelbank getischlert, nebenher, zwei Monate lang. In einem Eck der Werkstatt steht sie. „Ein affengeiles Teil,“ ruft Meister Andreas Hutz beim Vorübergehen.
Anspruchsvolles Handwerk
Neben einer zupackenden Art, mathematischem und räumlichem Verständnis sei auch Kommunikationsfähigkeit im Schreinerberuf wichtig: Die Kunden wenden sich mit bestimmten Wünschen an die Schreiner. Im Kundengespräch vor Ort klären die Schreiner dann, was warum wie machbar ist. „Schreinersein ist kein Pumuckl-Handwerk“, sagt Meister Hutz, „die Arbeit ist sehr kreativ und technisch anspruchsvoll.“
Wie in anderen Handwerksberufen auch haben Schreinereien heute Probleme, Nachwuchs zu finden. Auch Andreas Hutz sucht für das kommende Ausbildungsjahr ab September noch Lehrlinge. Die Zahl der Schreinerinnen ist weiterhin sehr übersichtlich, in Sebastian Veiths Klassenstufe etwa sind vier von 30 Lehrlingen weiblich. Dabei seien interessierte Frauen für die Tätigkeit gut geeignet. „Die Arbeit ist körperlich zum Teil fordernd“, sagt der Schreinerlehrling. „Aber Mann oder Frau muss bei weitem nicht so kräftig sein wie ich. Wir arbeiten viel im Team. Es sollten sich mehr Frauen trauen, eine Schreinerlehre zu machen!“
Beitrag von Bigna Fink