Die Lehrjahre eines jungen Menschen sind nicht immer von Erfolg gekrönt. Jeder Vierte löst seinen Vertrag vor Ablauf seiner Ausbildung wieder auf. Jeder Achte bricht ganz ab – mit persönlichen Folgen, aber auch mit Folgen für die Wirtschaft.
Die Gründe für diese Abbrüche sind vielfältig: „Manchmal passt es einfach nicht“, sagt Klaus Harder, Regionalkoordinator von Vera, einer Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Für Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen seien, sei zudem die deutsche Sprache eine besondere Herausforderung, „insbesondere die Fachsprache“, so Harder. Flüchtlinge hätten mitunter Dinge erlebt, die es ihnen schwer machten, in einer Ausbildung Fuß zu fassen. „Fürs Lernen muss man den Kopf frei haben.“ Wer sich um das Leben seiner Familie im Kriegsgebiet Sorgen machen müsse, habe es besonders schwer.

Foto: Christoph Schmidt (dpa-tmn)
Hohe Erfolgsrate
Allein 2019 profitierten gut 5.000 junge Männer und Frauen von einem der 2.500 geschulten Vera-Coaches. Die Initiative wurde 2008 als bundesweites Mentorenprogramm vom Senior Experten Service (SES) in Bonn gegründet. Klaus Harder begleitet derzeit drei Auszubildende: eine Pflegefachkraft, eine Heilerziehungsassistentin und einen Erzieher. „Vera-Begleitungen führen zu 70 Prozent zum Erfolg“, teilt der SES mit. Dabei gebe man nicht einfach Nachhilfe, sagt Harder: Vera-Mentoren helfen bei Problemen in der Berufsschule ebenso wie bei Konflikten am Arbeitsplatz. Als Koordinator für die Regionen Heilbronn-Franken, Schwäbisch Hall und Main-Tauber knüpft Klaus Harder derzeit nicht nur wertvolle Kontakte: Er sucht vor allem nach weiteren Mitstreiter*innen. Menschen, die nach einem erfüllten Berufsleben Wissen und Erfahrung weitergeben wollen.
Aufgaben der Mentor*innen
30 Begleiter*innen sind in dem von Harder betreuten Gebiet unterwegs: „Mein erstes Ziel ist es, diese Zahl zu erhöhen“, betont der langjährige Krankenhausmanager, ist aber zuversichtlich, dass ihm das gelingt. „Ich glaube“, sagt Klaus Harder, „dass das eine sehr schöne Aufgabe ist.“ Wer beruflich mit Auszubildenden zu tun habe, wisse, dass es Durststrecken gebe, dass es sich aber auch lohne, diese durchzustehen. Mentor*innen motivieren Auszubildende daher auch, Pläne zu machen, sich selbst besser zu organisieren – und sich durchzubeißen.
Wer Interesse hat, sich ehrenamtlich bei Vera zu engagieren, setzt sich mit Klaus Harder direkt in Verbindung. Dem Coaching voraus geht eine zweitägige Schulung, es gibt eine Aufwandsentschädigung. „Wir werden auf Anfrage aktiv“, erklärt Klaus Harder. Anfragen kommen von einem Betrieb, der IHK oder der Handwerkskammer, einer Schulsozialarbeiterin oder einem Lehrer. Die Begleitung ist für die Azubis kostenlos, aber verbindlich. Alle sechs Monate verlangt der SES einen Zwischenbericht: „Das finde ich gut“, sagt Klaus Harder.
Er selbst, erzählt der ehemalige Prokurist der Vulpius-Klinik, habe sich gegen Ende seines Berufslebens lange überlegt, was er nach seiner Pensionierung machen wolle. Zweimal war er für den Senior-Experten-Service in Afrika. „Bei Vera verstehen wir uns manchmal als Vermittler, wenn es Stress gibt.“ Doch bei den meisten Begleiter*innen liege der Schwerpunkt auf der Berufsschule. Wichtig sei nur, dass sich Auszubildende und Mentor*innen auf Augenhöhe begegnen: „Wir sind keine Obergurus“, betont Klaus Harder. Man leiste vielmehr Hilfe zur Selbsthilfe.
Sich mit jungen Leuten, auch aus anderen Kulturen, zu befassen, findet er „total spannend“. Manchmal könne man im Laufe der Lehrzeit schon loslassen, weil ein junger Mensch seinen Weg gefunden habe. Manchmal geht man bis zum Ende mit. Ziel ist immer der erfolgreiche Abschluss. Wenn dann, wie kürzlich, eine Whatsapp mit der Note 1,1 komme, dann sei das einfach toll.