Es wird gebaut, abgerissen, saniert – die Baubranche boomt. Selbst während der Corona-Pandemie sind die Auftragsbücher der Baufirmen gut gefüllt, die Projekte gehen nicht aus. Kein Wunder, dass die regionalen Bauunternehmen ihre Geschäftslage bei der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Heilbronn-Franken auch im dritten Quartal 2021 nach wie vor als „hervorragend“ einstufen. Zahlreiche Firmen wollen ihren Personalstand im kommenden Jahr sogar erhöhen.

Und doch hat die Branche Schwierigkeiten, Nachwuchskräfte zu finden. Und das zusätzlich zum Fachkräftemangel, den 92 Prozent der Betriebe in der Region Heilbronn-Franken als größtes Geschäftsrisiko ansehen. Mittlerweile fehlen aber nun auch schon diejenigen, die eines Tages einmal nachkommen sollten. „Generell haben die Bauunternehmen in der Region eher Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsplätze passend zu besetzen“, bestätigt die Pressestelle der IHK Heilbronn-Franken. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sei nach wie vor im Ungleichgewicht, zahlreiche Ausbildungsplätze blieben unbesetzt.
Die Gründe würden unter anderem am mangelnden Interesse der Jugendlichen an dieser Berufssparte liegen. Mehr als die Hälfte der regionalen Baubetriebe suchten deshalb ohne Erfolg nach neuen Lehrlingen, so die IHK.
Auf Azubisuche
Mit offenen Ausbildungsstellen ist auch die Schneider Bau GmbH mit ihren insgesamt rund 430 Mitarbeitenden an den Standorten in Heilbronn, Öhringen und Lauda-Königshofen konfrontiert. Dabei steckt das Unternehmen laut Sead Halilovic, der unter anderem für die kaufmännische Ausbildung zuständig ist, viel Mühe in die Nachwuchssuche. Etwa bei den Azubi-Infotagen, auf regionalen Messen, bei Bewerbertrainings in den Berufsschulen sowie – allerdings mit etwas weniger Resonanz – online und digital. Und doch können vor allem bei den gewerblichen Ausbildungen, etwa im Straßenbau oder Tiefbau, nicht alle Stellen besetzt werden, sagt Halilovic. „Jedes Jahr bieten wir bis zu fünf Ausbildungsplätze pro Standort an.“ In Heilbronn fängt 2022 trotzdem gerade einmal ein Azubi an. In Öhringen gebe es mehr Bewerbungen, was daran liegen könnte, dass aufgrund der ländlichen Struktur mehr junge Menschen über den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb zum Bausektor kämen. Dort sind es im nächsten Jahr zwei neue Azubis.
Dabei bietet die Ausbildung im Bau viele Vorteile. Im gewerblichen Bereich können Straßenbauer-Azubis beispielsweise recht schnell zum Bauleiter aufsteigen, erzählt Sead Halilovic. Auch die Gehälter sind attraktiv. Ein Lehrling im Baugewerbe verdient in der Region, je nach Ausbildungsjahr, durchschnittlich zwischen 890 und 1580 Euro brutto. Und doch fehlen die Interessenten, das bekommt Halilovic bereits seit einigen Jahren mit.
Viel technischer
„Seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass das Interesse vor allem an den gewerblichen Tätigkeiten im Bau abnimmt. Viele junge Menschen wollen die Schule weitermachen oder interessieren sich eher für ein Studium.“ Es dominiere noch immer ein falscher Blick auf den Bau, sagt Sead Halilovic: „Früher bedeutete das harte körperliche Arbeit. Dabei gibt es heutzutage viele Hilfsmittel. Der Beruf ist digitaler und technischer geworden.“